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Waghalter and the Deutsches Opernhaus

Bevor Waghalter jedoch Zeit für solche Arbeiten fand, musste er für seinen Lebensunterhalt sorgen und die Ausbildung abschließen, die im Berlin der Jahrhundertwende von jungen, viel versprechenden Musikern erwartet wurde. Waghalter wandte sich also dem Dirigieren zu, wobei ihm die Unterweisung und das Vorbild des legendären Artur Nikisch zugute kamen. Schon bald hatte er sich als Kapellmeister an der Komischen Oper Berlin einen Namen gemacht, eine Position, die er fünf Jahre lang ausfüllte. Nach einer kurzen Anstellung beim Stadttheater in Essen wurde er nach Berlin zurückberufen, um im Alter von nur 31 Jahren die Stellung des ersten Kapellmeisters am neu erbauten Deutschen Opernhaus in Berlin-Charlottenburg anzutreten. Es eröffnete am 7. November 1912 mit einer Aufführung von Beethovens Fidelio unter der musikalischen Leitung Waghalters.

Den Gründern und Förderern des Deutschen Opernhauses in Berlin-Charlottenburg schwebte ein volksnaher, demokratischer Gegenentwurf zu der aristokratischen Staatsoper vor. Entscheidend für diese Konzeption war die Erarbeitung eines Repertoires, das ein weitaus breiter gefächertes Publikum anziehen konnte als die „bessere Gesellschaft“, die der Staatsoper seit jeher ihren Geschmack aufzwang. Dabei spielten die musikalischen Neigungen und Talente Waghalters eine entscheidende Rolle. Sein Sinn für Melodik hatte ihn auf einen für deutsche Komponisten ungewöhnlichen Weg geführt: hin zu Giacomo Puccini, dessen Opern Waghalter glühend bewunderte. Er war überzeugt, dass Puccinis Werke in Deutschland ein Publikum finden konnten, wenn dies auch bisher nicht gelungen war.

Der italienische Meister selbst beurteilte die Möglichkeit eines Durchbruchs in Deutschland skeptisch und gab nur zögernd, auf das Drängen des Intendanten des Deutschen Opernhauses Georg Hartmann hin, seine Zustimmung zu einer Premiere seiner jüngsten Oper, La Fanciulla del West (Das Mädchen aus dem goldenen Westen) in Berlin. Hartmann übertrug Waghalter die musikalische Leitung. Puccini, der befürchtete, das Unterfangen werde in einem Debakel enden, reiste nach Deutschland, um den Proben beizuwohnen. Die Briefe, die er in den Tagen vor der Premiere in Berlin verfasste, lassen seine Anspannung deutlich erkennen. Doch die Erstaufführung im März 1913 geriet zu einem vollkommenen Triumph. Nach dem letzten Akt brach das Publikum des neuen Opernhauses in stürmische Ovationen aus. Zeitgenössischen Presseberichten zufolge erhielten Puccini und Waghalter, die gemeinsam auf der Bühne standen, nicht weniger als 70 Vorhänge.

Im Anschluss an die Vorstellung wurde ein aufwändiger Empfang zu Ehren des Komponisten gegeben. Nach dem Abendessen drängten die Gäste Puccini, Klavierfassungen seiner Opernthemen vorzuspielen. Doch den Komponisten ließ das Gedächtnis im Stich. Der weitere Verlauf wurde in „Musical America“ (12. April 1913) folgendermaßen geschildert: „Waghalter griff unaufdringlich den Faden wieder auf, den der Komponist verloren hatte, nahm dessen Platz am Klavier ein und spielte, spielte, spielte, wobei er zeitweilig die Gesangsstimme mitsummte. Puccini glaubte seinen Ohren nicht zu trauen, als Waghalter ihn aufforderte, ihm einen beliebigen Einsatz aus irgendeiner seiner Opern zu geben, er werde an jeder Stelle weiterspielen können. Man machte die Probe aufs Exempel, und Waghalter bestand sie mit Bravour.“

Erstaunt über den unerwarteten Erfolg stimmte Puccini auf der Stelle Hartmanns und Waghalters Vorschlag zu, seine Oper Manon Lescaut neu aufzuführen. Fünf Jahre zuvor, im 1908, war Manon Lescaut bei ihrer Premiere in Berlin auf der ganzen Linie durchgefallen. Waghalters Interpretation wurde jedoch mit solcher Begeisterung aufgenommen, dass sogar die Weltpresse aufhorchte. Die „New York Times“ schrieb: „Das alles beherrschende Ereignis der musikalischen Saison zu Beginn dieses Winters ist der wegweisende Triumph des jungen Dirigenten Ignatz Waghalter (Kapellmeister am Deutschen Opernhaus in Charlottenburg) mit Puccinis Manon Lescaut. Bei seiner ersten Aufführung in Berlin vor fünf Jahren war das Stück kläglich durchgefallen, doch nun wird es dank der brillanten Leistung des Orchesters unter Waghalters Leitung als Meisterwerk gefeiert, dem ein fester Platz im Repertoire der deutschen Opernwelt gewiss ist.“

Auch La Bohème und Tosca wurden unter der Leitung Waghalters am Deutschen Opernhaus uraufgeführt.

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